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The Witcher 3: Wild Hunt Das Spiel des Jahres?
Seite 2 \\ Reden ist Schweigen, Silber ist Gold
Ganz zu Anfang des Hexerabenteuers sind wir noch zusammen mit Vesemir in einem kleinen Dorf unterwegs, um Informationen über Yennefers Aufenthaltsort zu erfahren. Während des Zwischenaufenthaltes in der Dorfkneipe kommt es zu einem Handgemenge zwischen ein paar Halbstarken und uns. Ohne lange nachzudenken zücken wir das Schwert und befördern die Trunkenbolde ins digitale Jenseits. Für Rollenspielfans, aber auch anderen Videospielfreunde, ist weder die Szene, noch die Ausgangssituation neu. In einer Kneipe ein Schwert zu ziehen, um sich zu wehren, ist im realen Leben mehr als bedenklich, in Fantasyspielen steht ja gerade das Ausblenden jener Rechtskonsequenzen im Fokus. Für uns ist mit dem tödlichen Ende unserer Widersacher auch die Situation vorbei. In The Witcher 3: Wild Hunt besitzt aber jede eurer Handlungen, ob physischer oder rhetorischer Art, eine Konsequenz. Nicht nur, dass wir seit unserer tödlichen Gegenmaßnahme nicht mehr in der Kneipe handeln können. Viel später im Spiel treffen wir auf die Wirtin, die uns zu Recht mit den Mord an den Streithähnen konfrontiert. Die Quintessenz des Beispiels ist, dass selbst das videospieltypische Zücken der Waffe zur Streitschlichtung als die erste und offensichtlichste Lösung eben nicht zwangsläufig die auch für uns vorteilhafteste ist. Genauso gut hätten wir die Jungs mit unseren Fäusten aus der Kneipe verjagen können, ohne dabei die Wände einen roten Anstrich zu verpassen. Vor dem Hintergrund, dass es sich hierbei nur um eine kleine, für den Verlauf fast nebensächliche Quest handelte, reichte ihre Wirkung ungemein weit.


Mit Novigrad hat CD Projekt Red eine detailverliebte, mittelalterliche Stadt erschaffen.


(ACHTUNG SPOILER!)
Doch genau dieses Gespür, eure Entscheidungen richtig abzuwägen, zwingt euch, aus der heimischen Videospieldenkweise vorzutreten und euch dem Witcher-Universum anzunehmen. Eine Hauptquest haben wir dank manuellem Savepoint auf zwei verschiedene Weisen abgeschlossen, um uns die Pfade anzuschauen, die CD Projekt Red hinterlegte. Hier machen wir uns gerade auf die Suche nach der Frau vom Blutigen Baron und finden uns in einem Sumpfgebiet wieder. Mittendrin scheinen wir Kinder spielen und singen zu hören. Und tatsächlich: In der maroden Sumpflandschaft stoßen wir auf eine Art Kindergarten für Kriegswaisen, für deren Obhut eine alte Dame sorgt. Diese ist uns, wie so häufig, nicht wirklich wohl gesonnen, verschließt sich einem Dialog mit uns. Erst durch Umwege bekommen wir sie zum Sprechen, wobei sie plötzlich nur noch als Medium agiert. Drei Waldhexen, zumindest auf dem Wandbild nett anzuschauen, bieten uns einen Tausch an. Töten wir einen Waldgeist, erhalten wir Informationen über Ciri. An dieser Stelle ist erneut schön zu beobachten, wie die Handlungskomplexe des Abenteuers sich ständig kreuzen. Wir stimmen zu und machen uns zunächst auf Informationen über diesen ominösen Waldgeist herauszufinden. In einem nahe gelegenem Dorf berichtet uns ein Bewohner, dass um ein bestimmtes Gebiet herum schon etliche Anwohner, aber auch wild lebende Tiere aus mysteriösen Umständen tot aufgefunden wurden. Dank einer Nachfrage unsererseits erfahren wir im Übrigen auch, dass sich die Waldhexen zwar als Schützer des Dorfes ausgeben, sie aber durchaus bereit sind, die eine oder andere Grausamkeit als Erziehungsmaßnahme anzuwenden.


Bei der Jagd nach Monstern müsst ihr diversen Hinweisen nachgehen.


Trotz leichtem Misstrauen machen wir uns auf dem Weg, zumindest diesen Geist aufzuspüren. Nach einer Begegnung mit einem Werwolf, die für uns besser ausging als für ihn, entdecken wir in einer Höhle eine verwirrende Kreatur aus organischer Masse und Stacheln. Sie gibt zu, der Waldgeist zu sein, jedoch als Gefangener der drei Hexen im Dunkeln der Höhle verrotten zu müssen. Sie berichtet uns von den Waisen und schwört um deren Lebensgefahr. Wenn wir sie aber aus ihrem Höhlengefängis befreien, verspricht sie, den Waisen zur Flucht zu verhelfen. Wir sprechen sie noch kurz auf die Toten in der Umgebung an und geben uns recht schnell mit der Kollateralschadensbegründung zufrieden. Obwohl wir hier schon die Möglichkeit hätten, unser Schwert sprechen zu lassen, stimmen wir zu, sie aus ihrer Gefangenschaft zu befreien. Hierzu besorgen wir neben Rabenfedern noch ein lebendiges Pferd, sowie die verstorbenen Überreste unseres Waldgeistes. Bei letzterem hören wir, während Geralt das Grab umwühlt, dass die Knochen ihm nicht wie die eines Menschen vorkommen. Belastend zur unserer auflodernden Skepsis gegenüber dem Wahrheitsgehalt des Waldgeistes kommt hinzu, dass das Pferd als neuer Körper für unseren Waldgeist dienen soll. Zurück in der Höhle stehen wir also da. Entweder helfen wir den Hexen und töten den Geist, oder wir befreien ihn. Beide haben zu diesem Zeitpunkt nicht besonders vorteilhaft an ihrer Glaubwürdigkeit gearbeitet. Bei den ganzen Unsicherheiten, die wir bezüglich unserer nächsten Entscheidung haben, wissen wir nur eines sicher: Beide lügen uns an.


Für erlegte Monster gibt es einen schönen Sack voll mit Geld.


Aus diesem Grund pausieren wir das Spiel und erstellten schnell einen manuellen Speicherpunkt. An dieser Stelle sei schon angemerkt, das manuelle Sichern eures Spielstandes nicht zu unterschätzen. The Witcher 3: Wild Hunt verzeiht euch keine Nachlässigkeit. Wir gehen zunächst den ersten Weg und töten den Geist. Hier bietet uns CD Projekt Red gleich zwei Wege. Entweder erledigen wir das Biest auf dem direkten Weg mit der Silberklinge oder lassen es ganz hinterhältig während der Zeremonie auflaufen. Der Unterschied zwischen den beiden liegt in einer Kampfsequenz, die entsprechend beim direkten Weg auf euch wartet. Nach getaner Arbeit kehren wir zurück zu den drei Waldhexen. Wir hören keine Kinder mehr spielen und sehen stattdessen drei exzellent widerlich ausschauende Gestalten. Die Waldhexen in ihrer wahren Gestalt. Schnell wird deutlich, dass der Waldgeist wohlmöglich Recht hatte. Ohne uns näheres zu erläutern, danken uns die Hexen für unseren Auftragsmord und beharren darauf, dass das Verschwinden der Kinder uns nichts angeht. Wir ahnen schlimmes. Die Hexen halten ihr Wort und verraten uns, was sie über Ciri wissen und lassen uns mit dem mulmigen Gefühl zurück, die Waisen auf dem Gewissen zu haben. Beim zweiten Durchgang – dieses Mal befreien wir den Waldgeist – kommt die böse Vorahnung viel früher. Während der Zwischensequenz verdunkelt sich die ohnehin schon dunkle Höhle noch mehr und das zu opfernde Pferd wehrt sich gegen den aufgezwungenen Status als neuen körperlichen Wirt für den Geist. Zu unserer Überraschung verhält sich der befreite Geist wohl gesonnen und verspricht, Wort zu halten und die Waisen zu befreien. Als wir zurück zu den Hexen gehen erleben wir zwar eine ähnliche Zwischensequenz wie zuvor, nur dieses Mal werfen uns die drei Kreaturen Verrat vor. Die Kinder konnten fliehen und sind aus dieser Perspektive zumindest noch am Leben. An die Information über Ciri kommen wir übrigens trotzdem.

Dieses etwas ausführlichere Beispiel zeigt, dass ihr in The Witcher 3: Wild Hunt nicht immer auf das Narrativ, was euch CD Projekt Red vorlegt, vertrauen dürft. Mit voller Absicht und fast perfider Genialität versuchen euch die Entwickler euren eigenen Instinkt in Frage zu stellen. Diese Balance zwischen Ursache und Wirkung zieht sich gekonnt durch das gesamte Spiel und offenbart nicht nur einmal während des Abenteuers Kehrtwendungen um 180 Grad.

Entwickler CD Projekt RED

Verlag Bandai Namco

The Witcher 3: Wild Hunt ist die abschließende Episode der preisgekrönten RPG-Reihe und der letzte Teil der Legende Geralt von Rivas. Der Titel wird das robusteste, atemberaubendste aller CD Projekt RED-Spiele. Das freie Erkunden der offenen Welt ist ein Abenteuer an sich – der Spieler wird kriegsverheerte Landstriche vorfinden, neblige Gewässer durchsegeln und gegen Geld gefährliche Bestien zur Strecke bringen. Ein verbessertes Kampfsystem wird ihm gestatten, als echter Monsterjäger zu agieren, als Hexer, der mit seinen besonderen Hexersinnen und überlegenen Kampffertigkeiten in einer düsteren Fantasywelt überlebt, ... [...]

The Witcher 3: Wild Hunt
Das Spiel des Jahres?
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